Das Einzelportrait von 1964 zeigt einen jungen, sonnengebräunten Mann mit schwarzem kurzen Haar, bekleidet mit einem weißen Hemd und einer braunen Hose als „Kniestück“, d.h. die Person ist bis einschließlich der Knie dargestellt. Er sitzt auf einem Holzstuhl, seine Augen gesenkt, und hält in seiner linken Hand eine Kette aus dicken zylinderförmigen Perlen. Seine rechte Hand ruht auf seinem rechten Knie. Die Hände sind überproportional groß dargestellt. Das Motiv des Hintergrund ist unklar und rein farblich in Blau- und Braun/Purpurabstufungen gestaltet. Die Komposition ist pyramidal angelegt und vom Bildzentrum etwas nach rechts gerückt. Der Kopf des Dargestellten bildet die Spitze, sein rechter Arm bis zur Hand und der linke angewinkelte Arm die Seitenkanten der pyramidalen Grundform. Die vertikale Bildmitte wird durch den breiten blauen Farbblock im Hintergrund betont, auf horizontaler Ebene stellt die Malerin besonders das untere Drittel heraus: die Hände des Mannes, die erstens sehr groß dargestellt sind, zweitens die Kette halten und drittens durch ihre Farbgebung vor dem weißen Hemd und der braunen Hose zu leuchten scheinen. Das Ölbild zeigt einen jungen Griechen auf einem Kafenion-Stuhl, wie ihn Heidy Stangenberg-Merck auf ihren zahlreichen Griechenlandreisen kennengelernt haben mag. Er wird nicht mit Namen benannt, auch legt die Malerin keinen Wert auf eine physiognomisch-realitätsnahe Darstellung seiner charakteristischen Erscheinung, sondern er wird abstrahiert-vereinfacht dargestellt. Auch typisch für die Personendarstellungen Stangenberg-Mercks ist die übergroße Proportionierung der Hände, die man in vielen ihrer Portraits wiederfindet. Die Kette, die der junge Grieche in seiner Hand hält, ist ein besondere Teil der griechischen Herrenausstattung, das den Beistzer überall hin begleitet: ein Komboloi. Das Komboloi dient als Fingerspiel, Zeitvertreib, eine Art Handschmeichler und Talisman. Aufgereiht an Synthetikfäden oder Lederbänder können die Perlen unterschiedlichste Formen haben und aus Bernstein, Holz, Glas oder Kunststoff gefertigt sein. Das Komboloi besitzt keine religiöse Bedeutung, auch wenn es wohl als Gebetskette aus der arabischen Welt stammte. Es dient einfach und alleine der Stressvernichtung, so tragen die Komboloia im Englischen auch den treffenden Namen „worry beads“, also „Sorgenperlen“. Yvonne Weber-Sturm Drei Männer vor einem Kafenion, einem Kaffeehaus. Immer mit dabei: das Komboloi (Foto: privat)
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AutorenYvonne Weber-Sturm Archiv
April 2021
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